Finanzen
Beginn
Wenn man in einem Umfeld aufwächst, in dem nicht über Geld geredet wird, weil keines oder nur wenig da ist, dann ist man wohl froh über das, was man hat, und hofft, es bleibt so. Vielleicht hat man sich hier und da schon einmal Finanzexperten (in der Vergangenheit immer männlich) anvertraut, oder man kennt jemanden, der das getan hat, und kennt die Geschichten von den Geldanlagen, die am Ende nur das ausspucken, was man eingegeben hat. Null Rendite. Sinnlos.
2020 zum Beginn der Corona Pandemie habe ich zum ersten Mal von ETFs als Geldanlage gehört - 25 EUR jeden Monat zum Vermögensaufbau? Klingt gut! Über Monate hatte ich eine Infoseite zu ETFs im Browser geöffnet und gedacht "da muss ich mich mal drum kümmern", bis die Seite als Bookmark irgendwo verstaubt ist.
2023 hab ich mir einen Anstoß gegeben und bei meiner Hausbank nachgefragt welche Möglichkeiten ich habe. Als Selbständiger zu sparen ist ja sowieso schwierig, weil man ja dauernd denkt, morgen ist es vorbei, da will man immer Zugriff auf seine Einnahmen haben. Ich dachte also an ein Tagesgeldkonto für den Anfang. Tagesgeld ist so ein Minimalprodukt was viele haben und was die längste Zeit 0 Zinsen gebracht hat. Aber ich glaube 2023 hatte sich das geändert. Ich war immer noch komplett uninformiert, wieviel Zinsen es am Markt gab aber ich war erstmal froh irgendwas gemacht zu haben. Man hat mich dann auch mit dem Bankeignen Anlageberater zusammengetan und der hat mir irgendwelche Kurven von deren Anlageprodukten gezeigt.
Da mir der Begriff ETF aus dem Podcast einfach nicht aus dem Kopf ging, hab ich ihn auch danach gefragt, aber das bot die Bank nicht an. Seltsam. Warum nicht? (Siehe hier)
Ich hab es weiter auf die lange Bank geschoben, weil es so ein ödes Thema ist bin 2024 der Brief der Hausbank kam, dass sie doch die Gebühren erhöhen müssen. Das war dann der sogenannte "Tipping Point“.
Bei der Recherche auf Vergleichsportalen stolperte ich über zwei Websites die sich für finanzielle Selbstverantwortung stark machen und mit informativen Youtube Kanälen, Podcasts, Finanzrechnern und Discord Communities vor allem Jüngere Menschen ansprechen. Jüngere und solche die sich immer noch jung fühlen, aber deren Anlagehorizont dann doch nur bei 20-25 Jahre liegt und für die ein 25 EUR ETF Sparplan nicht viel bewirkt.
Ich hab mich also an der YouTube Universität eingeschrieben und meinen Bachelor für Privatanlage gemacht. Nebenbei hatte ich auch bemerkt dass ich mich scheinbar schon bei Trade Republic angemeldet hatte und auch durch den ID Prozess gegangen bin, weil das Verrechnungskonto einfach funktionierte.
Zu dem Zeitpunkt gab es auch noch 4% Zinsen (Mitte 2024) und ich hab rausgefunden dass mir meine Hausbank 0,5% aufs Tagesgeld gab. Mir kamen die Tränen vor lachen und ich konnte es kaum erwarten alles umzukrempeln.
Die Wende
Die Finanzwelt ist voll von Scammern und Schlangenölverkäufern, dessen war ich mir bewußt. Wie findet man heraus dass man wertvolle Information erhält? Indem man keine Wunder wie Überrenditen mit speziellen Produkten eines einzigen Anbieters versprochen bekommt. In dem klar gemacht wird, wie sich die einzelnen Finanzaufklärer finanzieren.
All das hab ich in den folgenden beiden Services gefunden:
Lernen von den Besten
Finanzfluss und Finanztip
Finanzfluss betreibt Youtube-Kanäle, Streams, Community, Finanzrechner, Ratgeberseiten, Entscheidungshilfen und entwickeln mit dem Finanzfluss Copilot ein Tool, um die eigenen Finanzen im Blick zu halten.
Hier kann man sich über den Hintergrund der Firma informieren:
Insgesamt mehr als sympathisch.
Finanztip operieren ähnlich und haben sich finanzielle Bildung auf die Fahne geschrieben. Auch Finanztip produzieren massig Videos zu allen möglichen Themen rund ums Geld und sparen. Nahbar, ohne irgendwelche speziellen Produkte zu verkaufen. Newsletter und App informieren über aktuelle Ereignisse und helfen den Ball flachzuhalten wenn das ETF Portfolio des frischgebackenen finanziellen Selbstentscheiders plötzlich rot ist, weil irgendwo ein Sack Mais umgefallen ist. Finanztip operiert als Stiftung und man kann Unterstützer werden und bekommt Zugang zu etwas spezielleren Videokursen und ich glaube auch 1:1-Beratung.
Mehr braucht man nicht für den Anfang, um seine Finanzen auf die Reihe zu bekommen. Na gut, ich habe einen zweiwöchigen Crashkurs absolviert, um die Basics fürs Anlegen zu verstehen.
Es werden dort alle Frage beantwortet: Wie kann ich Depots wechseln, wie komm ich an mein Geld, was zahle ich an Steuern etc.
Die Basics bzw. wie ich mich eingerichtet habe
Der Tenor bei beiden Anbietern ist: passives Investieren in einen breitgestreuten Welt-ETF über einen langen (15+ Jahre) Anlagehorizont.
- Finanzfluss: ETF Handbuch oder als Video: So fängst du 2025 mit dem Investieren an (in 10 Min!) - YouTube
- Finanztip: Was sind ETFs? Funktionsweise einfach erklärt oder als Video: Alles über ETFs in nur 15 Minuten: Index, Sparplan, Steuern - YouTube
Das Versprechen? 6-7% Rendite aufs Vermögen, klingt nicht so viel, am Ende soll es aber die Inflation schlagen.
Mein Setup
Das ganze Thema ist sehr individuell, das wird auch in den Finanzfluss- und Finanztip Inhalten immer wieder erwähnt.
Ich hab mir ein kostenloses Konto bei einer Direktbank geholt, welches auch ein Tagesgeldkonto und verzinste Unterkonten anbietet, inkl. Aufschlüsselung der Ausgaben.
- Finanzfluss: Girokonto-Vergleich: Beste Banken 07/2025
- Finanztip: Girokonto Vergleich: Das beste kostenlose Girokonto finden
Als Depot für den Sparplan habe ich Trade Republic. Es gibt aber eine größere Auswahl und man kann mit keinem was falsch machen:
- Finanzfluss: Depot-Vergleich 2025: Die besten Broker & Aktiendepots
- Finanztip: Depot-Vergleich: Beste Aktiendepots & Broker 07/2025
Und was bespart man am besten? Wenn man keine Ahnung hat, dann einen Welt-ETF und zum Spaß kauft man sich ein paar Anteile an einer Aktie eines Unternehmens, welches man irgendwie interessant findet, um ein wenig ein Gefühl zu bekommen wie der Hase läuft. Das sollte aber einen kleinen Anteil ausmachen.
- Finanzfluss: https://www.finanzfluss.de/geldanlage/etf-empfehlungen/#alles-in-einem-etf
- Finanztip: MSCI World Index: Kurs, Rendite & Zusammensetzung
That's it.
Aber nicht ganz!
Was ich gelernt habe
Psychologie
In allen Videos, sowohl Finanzfluss als auch Finanztip, wird immer auf den psychologischen Aspekt bei der Geldanlage hingewiesen. Verluste und Schwankungen nehmen wir viel dramatischer wahr als steten Wachstum. Dann ist da der Drang die eigene Anlagestrategie zu ändern, weil sich irgendwo etwas scheinbar besseres auftut oder weil, wie oben erwähnt ein Sack Mais irgendwo umfällt. All diese Sachen werden rational in den Videos und den Artikeln erklärt und es ist interessant wie man sich dem trotzdem nicht verwehren kann wenn irgendein Worst-Case-Szenario eintritt, dem entgegenzuarbeiten.
Zum Beispiel gibt es die Empfehlung, mit einer Einmaleinzahlung alles was man will und kann ins Depot zu werfen weil "Time in the market beats timing the Market" - Also länger im Markt investiert zu sein ist am Ende (nach 15+ Jahren) einträglicher als auf den besten Zeitpunkt zu warten. Das ist alles wissenschaftlich belegt und trotzdem tut man sich schwer damit das zu akzeptieren. Aber man hat es am Ende selbst in der Hand.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist zum Zocken verleitet zu werden. Wer die Anlage hat Risiken einzugehen wenn irgendwo eine Zahl hoch oder runter geht, der ist gut beraten sich vorab eine Strategie zurechtzulegen, wie viel Geld man in einem eigens dafür angelegten Depot zum Wetten auf Aktien einsetzt. Von der Altersvorsorge sollte das aber abgekoppelt sein. Da spart man nur stumpf auf seinem Welt-ETF rum. Ich hab generell nicht solche Anwandlungen, aber ich seh das potential zum Zocken verleitet zu werden.
Berater
"Lass niemanden zwischen dir und deinem Geld" - Bankberater, Versicherungsvertreter und Finanzdienstleister (wenn sie nicht auf Honorarbasis arbeiten) verkaufen Produkte mit Gebühren, welche die Rendite auffressen (Lebensversicherungen etc). Man kann es selbst in der Hand haben, wenn man die Basics lernt und nicht von Überrenditen träumt.
Finzamt und Steuern
Natürlich ist nix umsonst. Gewinne von Kapitalanlagen müssen ab 1000 EUR (Stand 2025-07-17) versteuert werden. Dann gibt es seit 2025 noch diese Vorabpauschale.
- ETF Steuern: Was Du zahlen und beachten musst
- Vorabpauschale Rechner: So hoch ist die Steuer auf ETFs
- Vorabpauschale Rechner für ETF & Fonds - Finanzfluss
Das Gute ist: Die Banken/Depotanbieter (vorausgesetzt, es sind deutsche Anbieter) kümmern sich um die Abführung dieser Steuern und Abgaben. Man kann in den Konten/Depos seinen Freibetrag (max 1000 EUR pro Person im Jahr) eintragen und der Broker/die Bank kümmert sich um den Rest. Und sind die 1000 EUR aufgebraucht, dann ziehen die halt Geld ein. Das ist aber alles im Rahmen und man kann es nachvollziehen.
Bitcoin
Es gibt immer Menschen die durch Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Informationen waren und reich wurden. Wer vor 15 Jahren Bitcoin gekauft hat und diese bis heut gehalten hat (Psychologie), ist reich. Wer jetzt noch einsteigt ist da eigentlich am Ende der Nahrungskette. Ich kann dem Ganzen noch nichts abgewinnen und sollte es sich in Zukunft tatsächlich in den Institutionen etabliert haben (was witzig wäre, weil Bitcoin ja als alternative außerhalb des Währungssystems gestartet wurde), dann bin ich eh zu spät dran. Ich mach mir da also keine Illusionen. Ich bespare stumpf meinen breitgestreuten ETF und mit etwas Glück beginnt die Entnahmephase nicht in einem Crash.
Bonus
Wenn einem der Blog des Finanzwesir's unterkommt oder der Name Gerd Kommer, dann sind das auch ganz gute Quellen für Infos.
Kritik
Es gibt natürlich auch Kritik an ETFs.
- Risiken von ETF: Sind ETF gefährlich? | Stiftung Warentest
- ETF Kritik unter der Lupe – Platzt jetzt die ETF-Blase?
- 6 Gründe, die gegen ETFs sprechen – ETF-Kritik auf dem Prüfstand - YouTube
- Welche Risiken es bei der Geldanlage mit ETFs gibt | tagesschau.de
Fazit
Als DIY-Mensch war es unerlässlich, mich um meine Finanzen selbst kümmern zu können. Ich habe es leider zu lange vor mir hergeschoben, aus den verschiedensten Gründen. Meine Erziehung, die begrenzten Mittel und was nicht noch alles. Aber wie heißt es so schön: Der beste Zeitpunkt, zu investieren, war gestern. Der zweitbeste Zeitpunkt ist heute.
Es ist alles so viel niederschwelliger als noch vor 10 Jahren. Da musste man wirklich ein Finanznerd sein um das mitzumachen. Jetzt sind es Apps und digitale Transaktionen.
Über Investments wie Immobilien denk ich gar nicht nach. Das ist ja richtiger Stress. Nein danke.